Mother Earth Radio: Vinyl-Aufnahme Workflow 64 bit float explained

Nerd-torial: Der Mother Earth Radio Vinyl-Aufnahme Workflow – Warum wir (fast) alles richtig machen

Herzlich willkommen, liebe Audio-Nerds und Klangästheten! Bei Mother Earth Radio legen wir Wert auf Soundqualität, die den Geist der Musik atmet und die Seele berührt. Doch um das zu erreichen, braucht es mehr als nur gute Schallplatten und einen Plattenspieler. Es braucht einen durchdachten, technischen Workflow, der das Maximum aus jeder Vinyl-Rille herausholt.

In diesem Nerd-torial nehmen wir euch mit auf eine tiefe Tauchfahrt in unseren Vinyl-Aufnahme und Bearbeitungs Prozess. Wir erklären, warum wir bestimmte Entscheidungen getroffen haben und warum unser aktueller Workflow dem Ideal sehr nahekommt – auch wenn wir nicht alles „perfekt“ machen können.

Schritt 1: Die Königsdisziplin – Vinyl-Aufnahme mit dem RME ADI-2 Pro FS

Alles beginnt mit der analogen Quelle: unseren geliebten Schallplatten. Das Herzstück in diesem Schritt ist der RME ADI-2 Pro FS. Dieser High-End-AD/DA-Wandler ist bekannt für seine präzise und transparente Wandlung.

Vinyl Aufnahme mit dem RME

Wir nehmen in 768 kHz und 32 Bit Integer auf. „Moment mal“, mag der eine oder andere Nerd jetzt einwerfen, „warum nicht gleich 32 Bit Floating Point?“ Das ist eine absolut berechtigte Frage! Der RME ADI-2 Pro FS wandelt intern mit 32 Bit Integer. Das bedeutet, er bietet einen festen Dynamikbereich von gigantischen über 190 dB. Das ist weit mehr, als selbst die dynamischste Schallplatte jemals liefern kann und auch weit über dem, was unser Gehör wahrnehmen kann.

Der Punkt ist: Bei der Aufnahme von Vinyl, wo wir den analogen Pegel über den Vorverstärker steuern können, ist das Risiko des digitalen Clippings beim ADI-2 Pro FS quasi eliminiert – vorausgesetzt, wir pegeln sauber aus. Wir nutzen hier die extrem hohe Auflösung des Wandlers, um jedes Detail des Vinyls präzise zu erfassen. Die Diskussion um 32-Bit-Float bei der Aufnahme ist oft relevanter bei unkontrollierbaren Live-Umgebungen, wo unerwartete Pegelspitzen auftreten können. Für unseren sorgfältig kontrollierten Vinyl-Prozess ist 32-Bit-Integer an dieser Stelle absolut top.

Schritt 2: Die Magie der Nachbearbeitung – Sound Forge Pro 15 und 64 Bit Float

Vinyl Aufnahme mit Sound Forge Pro

Nach der Aufnahme in 768 kHz und 32 Bit Integer landet die Rohdatei in unserem digitalen Bearbeitungslabor: Magix Sound Forge Pro 15. Und hier kommt der wahre Clou, der unseren Workflow so potent macht!

Sobald die Datei in Sound Forge geladen ist, wird sie für die interne Verarbeitung in das 64-Bit-Floating-Point-Format konvertiert. Und hier kommt auch der eingangs erwähnte Vorteil von Floating Point voll zum Tragen!

Was bedeutet 64-Bit-Float? Stellt euch vor, eure Audiodaten sind nicht mehr auf einer festen Leiter (wie bei Integer), sondern auf einer Leiter, die ihre Sprossenabstände dynamisch anpasst. Die interne 64-Bit-Float-Verarbeitung bietet einen praktisch unendlich großen Dynamikbereich. Das ist der Ort, wo das „Nicht-Clippen“ stattfindet. Egal, wie laut oder leise ein Signal intern wird, oder wie viele Berechnungen durchgeführt werden – es gibt kein digitales Clipping mehr.

Das ist entscheidend für unsere Bearbeitungsschritte:

  • DC Offset Removal: Das Entfernen unerwünschter Gleichspannungsanteile im Signal.
  • Declicking: Das sensible Entfernen von Knistern und Knacksen, die leider zum Vinyl-Erlebnis gehören können.
  • Resampling (mehrfach): Wir durchlaufen mehrere Resampling-Prozesse von 768 kHz bis hin zu 192 kHz. Jeder dieser Schritte erfordert komplexe Neuberechnungen der Audiodaten.
  • Pitch Shifting: Eine weitere Operation, die immense Rechenleistung und Präzision erfordert.

All diese Operationen finden in der 64-Bit-Float-Umgebung statt. Das Ergebnis: Minimale Rundungsfehler, höchste Präzision und absolut kein digitales Clipping während der gesamten Bearbeitungskette. Die Integrität des Audiosignals wird maximal bewahrt.

Schritt 3: Die Veredelung – Lautstärke nach EBU R128 und Dithering

Nachdem alle Bearbeitungsschritte in der hochpräzisen 64-Bit-Float-Domäne abgeschlossen sind, ist es Zeit für die finale Veredelung und den Export.

  1. Lautstärkenormalisierung auf EBU R128 (-23 dBFS): Wir passen die Gesamtlautstärke des Audios an die EBU R128-Norm an, genauer gesagt auf -23 LUFS (Loudness Units Full Scale). Diese Norm ist entscheidend für eine konsistente Wiedergabe über verschiedene Plattformen und sorgt für ein angenehmes Hörerlebnis. Dank der Floating-Point-Verarbeitung können wir diese Anpassung präzise vornehmen, ohne dass dabei Informationen verloren gehen oder Clipping entsteht, selbst wenn der ursprüngliche Pegel deutlich höher war.
  2. POWR Dithering auf 24 Bit: Der letzte Schritt vor dem Export ist das Dithering. Hier reduzieren wir die interne 64-Bit-Float-Präzision auf unser Zielformat von 24 Bit Integer. Jetzt könnte der Laie fragen: „Ist dann nicht alles, was ihr vorher mit Float gemacht habt, wieder ‚perdu‘?“ Die klare Antwort: Nein, absolut nicht!Stellt euch vor, ihr habt ein perfektes Kunstwerk in einem riesigen Atelier (64-Bit-Float) geschaffen. Alle Farben, Pinselstriche und Details wurden mit höchster Sorgfalt und Präzision angewendet. Am Ende wird dieses Meisterwerk in einen perfekt passenden, hochwertigen Rahmen (24 Bit) gesetzt. Die Qualität der vorherigen Arbeit bleibt erhalten und ist im Endergebnis sichtbar. Dithering ist ein mathematischer Prozess, der bewusst ein geringes, kaum hörbares Rauschen hinzufügt, um Quantisierungsfehler beim Herunterskalieren der Bit-Tiefe zu maskieren und so die bestmögliche Qualität im reduzierten Format zu gewährleisten. Das POWR (Psychoacoustically Optimized Wordlength Reduction)-Dithering, das wir verwenden, ist dabei besonders optimiert für das menschliche Gehör.
  3. Kodierung als FLAC: Schließlich wird die Datei als FLAC (Free Lossless Audio Codec) kodiert. FLAC ist ein verlustfreies Kompressionsformat. Das bedeutet, dass die Audioqualität, die wir bis hierhin sorgfältig erarbeitet haben, vollständig erhalten bleibt, während die Dateigröße reduziert wird.

Warum ist dieser Workflow „ultimativ“ (oder zumindest verdammt nah dran)?

Der Workflow von Mother Earth Radio ist ein Zusammenspiel aus hochwertiger Hardware und intelligenter Software-Verarbeitung.

  • Hochauflösende Aufnahme: Der RME ADI-2 Pro FS liefert eine extrem präzise digitale Abbildung der Vinyl-Quelle.
  • Fehlerfreie interne Verarbeitung: Die 64-Bit-Floating-Point-Engine von Sound Forge Pro 15 eliminiert praktisch alle digitalen Clipping-Risiken und sorgt für maximale Präzision bei allen Bearbeitungsschritten. Das ist der entscheidende Vorteil, der über die reine Bit-Tiefe der Quelldatei hinausgeht.
  • Qualitätserhalt: Die sorgfältige Dithering-Praxis stellt sicher, dass die hohe Qualität der internen Verarbeitung optimal in das finale 24-Bit-Format übertragen wird.
  • Verlustfreie Distribution: FLAC garantiert, dass der Hörer genau die Qualität bekommt, die wir im Studio geschaffen haben.

Obwohl wir nicht direkt in 32-Bit-Float aufnehmen (was bei unserem Setup für Vinyl-Digitalisierung auch nicht nötig ist), nutzen wir die Vorteile der Floating-Point-Arithmetik dort, wo sie am wichtigsten sind: bei der gesamten Bearbeitungskette. Das macht unseren Prozess zu einem der fortschrittlichsten und qualitätsorientiertesten Workflows für die Archivierung und Verbreitung von Schallplatten.

Wir hoffen, dieses Nerd-torial hat euch einen tieferen Einblick in unsere Arbeitsweise gegeben. Bleibt dran für weitere technische Einblicke und natürlich für großartige Musik auf Mother Earth Radio!

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